Sa., 11.11.2017, 20 Uhr – Simone Solga
Selbstanzeige
„Ich bin entsetzt über meine Dreistigkeit! Bin ich vom rechten Weg abgekommen? Ich bin offensichtlich sowas von am Arsch und weiß es mittlerweile selbst nicht mehr: Bin ich rechts? Bin ich links? Glauben Sie mir, ich hab’s jetzt wirklich über eine Stunde probiert: aber ich passe in keine Schublade.
Dabei war ich doch mal eine Gute. Ich war Jungpionier, Thälmannpionier, „Seid bereit“ –„Immer bereit“- „Freundschaft“- „Freundschaft“, das ganze Programm. Mein FDJ Hemd war damals schon so blau wie die Facebookseite. Ich weiß noch, was Honeckers vorletzte Worte waren: Wir schaffen das.
Ich bin ein ein fröhlicher, höflicher Mensch. Ich trenne meinen Müll,ich zahle meine Steuern und habe noch nie an ein Windkraftrad gepinkelt. Vielleicht wird mir das ja angerechnet.
Gut, ich kritisiere die Regierung! Und die EU! Ich halte beide für komplett unfähig, fehlbesetzt. Ich finde, daß der Islam nicht zu Deutschland und die Türkei nicht in die EU gehört. Ich dachte auch immer, dass mir Religion prinzipiell völlig schnurz ist, solange sie mich nicht belästigt. Aber was weiß ich schon! Nein, verstehen Sie mich nicht falsch. Nicht alles in der BRD war schlecht. Aber noch nie war das Land so zerrissen- die Hälfte der Wähler hat Angst, dass ihnen etwas weg genommen wird und die andere Hälfte hat Angst, dass sie nicht genug bekommt, und das Fernsehen ist sowieso schon lange die vierte Macht im Staat , wir haben also Legislative, Judikative, Exekutive und Primitive. Erich Honecker wurde trotz 98% Zustimmung abgesetzt, und im Westen ist man mit 30% Wahlsieger. Der Kapitalismus ist verrückt.
Aber hören Sie selbst, vielleicht sollten wir ja gemeinsam lachen und zweifeln.“
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